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Scheinselbstständigkeit verhindern: So arbeiten Sie sicher mit Freelancern und Interim Managern – Ein How-To

Scheinselbstständigkeit verhindern: So arbeiten Sie sicher mit Freelancern und Interim Managern – Ein How-To

Die Beschäftigung von Freelancern scheint schwieriger geworden zu sein. Zumindest beobachten wir hier bei unseren Kunden eine wachsende Unsicherheit, hervorgerufen durch die verschärften politischen Rahmenbedingungen der letzten Jahre. Das ist nachvollziehbar, denn Fehler können erhebliche rechtliche Konsequenzen haben. Lohnt die Beschäftigung von Freelancern? Welche Vorteile bietet sie? Wo liegen die Risiken? Was ist Scheinselbständigkeit und wie kann man diese verhindern? Mit diesem Artikel  wollen wir für mehr Klarheit für Unternehmen und Freelancer sorgen.

Beginnen wir direkt mit der Begrifflichkeit: Die Bezeichnungen „Selbständiger“, „Freiberufler“/“Freelancer“, „frei beruflich arbeitende Person“, „Interim Manager/in“ sind im allgemeinen Sprachgebrauch selten differenziert. So einfach ist es dann aber leider doch nicht: Bezüglich der Gewerbeordnung und der steuerlichen Betrachtung gibt es durchaus Unterschiede. Und auch gegenüber der jeweiligen Person ist besser die Begrifflichkeit zu verwenden, die eher zu ihrem Umfeld passt. In der IT und im Design ist die Bezeichnung “Freelancer“ am gängigsten und der Allgemeinheit mittlerweile gut bekannt. „Interim Manager“ wiederum ist etwas seltener und lässt meist auf eine seniorige Funktion mit Führungsaufgaben oder im Change Management schließen.
Der wichtigste Unterschied besteht aber zu Arbeitnehmern in Festanstellung. Von diesen differenzieren sich frei arbeitende Personen rechtlich signifikant.

Warum sind Freelancer keine Arbeitnehmer?

Aus den unterschiedlichen Bezeichnungen lässt es sich schon ableiten: Freelancer oder Interim Manager sind eben keine regulären Arbeitnehmer. Denn Grundlage Ihrer Tätigkeit sind keine befristeten Arbeitnehmerverträge, sondern sogenannte Werk- oder Dienstverträge.
Bei einem Werkvertrag wird ein abgeschlossenes Werk oder Ergebnis gegen eine Geldleistung vereinbart. Der Auftragnehmer (Freier Mitarbeiter) schuldet dem Auftraggeber im Ergebnis einen Erfolg. Der Dienstvertrag wiederum bedeutet eine selbstständige Tätigkeit gegen eine Geldleistung. Hier schuldet der Auftragnehmer dem Auftraggeber eine Leistung und keinen unbedingten Erfolg.

Welche Vorteile bieten freie Mitarbeiter für Unternehmen?

Die Beauftragung eines Freelancers oder Interim Managers hat verschiedene Vorteile:

  • Sie sind flexibel einsetzbar und können für einen festen Zeitraum die geforderte Expertise kurzfristig mitbringen
  • Für Arbeitsmittel und Arbeitsort sorgen sie selbst
  • Es fallen keine Lohnnebenkosten an

Des Weiteren fallen für sie auch keine Arbeitnehmerrechte und -pflichten seitens der Arbeitgeber an. Kündigungsschutzgesetz, Entgeltfortzahlungsgesetz, Arbeitszeitgesetz gelten für sie nicht.

Und was ist „Scheinselbständigkeit“?

Bei den genannten „Vorteilen“ könnte man jetzt fast denken: „Warum sollte man überhaupt noch Arbeitnehmerverträge abschließen? Ohne die Arbeitnehmerrechte lässt sich doch einen Haufen Geld sparen!“
Zum Glück haben die Gesetzgeber hier vorgesorgt. Um die Freelancer vor der Ausbeutung durch massives Ausnutzen der Vorteile seitens des Arbeitgebers zu schützen, wird im Rahmen einer Betriebsprüfung evaluiert, ob ein Freelancer oder ein Interim Manager den Eindruck erweckt, wie ein festangestellter Arbeitnehmer zu arbeiten, aber unter der Bezeichnung des „Freelancers“ mit entsprechendem Vertrag im Unternehmen tätig zu sein. In diesem Fall wäre er eben nur scheinbar selbständig.

Wie wird Scheinselbständigkeit überprüft?

Scheinselbständigkeit wird dabei durch die Prüfung von Kriterien durch den „Deutsche Rentenversicherung Bund“ festgestellt. Erste Anhaltspunkte sind Arbeitsweise, -ort, -zeit und -inhalt. Weitere Indizien für eine Scheinselbständigkeit sind:

  • Anlass und die Form der Vergütung, wie Rechnungsstellung oder ein Einzelhonorar
  • Die Eingliederung in eine bestehende Dienstorganisation oder in Dienstpläne
  • Der Einsatz betrieblicher Arbeitsmittel und Arbeitsplätze
  • Die Verpflichtung zu regelmäßigem Erscheinen
  • Eingeschränkte unternehmerische Entscheidungsfähigkeit
  • Fehlende Absicherung für Krankheit und Rente

Daneben ist auch zu klären, ob die Tätigkeit die einzige bzw. existenzsichernde finanzielle Einnahmequelle innerhalb eines Wirtschaftsjahres für die freiberuflich arbeitende Person ist. Behalten Sie diese Faktoren bei der Beschäftigung von Freelancern im Auge und holen Sie sich professionellen Rat, wenn Sie unsicher sind. Denn sollte bei einer Prüfung Scheinselbständigkeit festgestellt werden, kann es teuer werden.

Welche Konsequenzen drohen Unternehmen, wenn Scheinselbständigkeit festgestellt wird?

Es drohen empfindliche Strafen: Zwar ist die Feststellung der Scheinselbständigkeit an sich nicht strafbar, aber auf jeden Fall kostspielig. Die Frage des Vorsatzes spielt hier eine wichtige Rolle. Liegt dazu der Verdacht vor, wird ggf. von der Staatsanwaltschaft geprüft, ob eine Strafbarkeit wegen Steuerhinterziehung oder Nichtabführung von Arbeitgeberbeiträgen vorliegt. Dann ist mit einer mindestens hohen Geld-, wenn nicht sogar mit einer Freiheitsstrafe zu rechnen. Auf jeden Fall kommen auf die Auftraggeber die Nachzahlung der Sozialversicherungsbeträge und Säumniszuschläge zu. Das bedeutet Beitragsforderungen der Deutschen Rentenversicherung bis zu 5 Jahre rückwirkend. Wird Vorsatz festgestellt, sogar bis zu 30 Jahre. Oft kommt ein Säumniszuschlag von 1% pro Monat hinzu.

Auch für Freelancer und Interim Manager bleibt ein Verstoß nicht ohne Folgen. Um den wirtschaftlichen Schaden gering zu halten, wird der Auftraggeber versuchen, Rückforderungsansprüchen zu stellen. Hier fällt das Licht auf die oftmals höher liegenden Honorare, die klassische Arbeitnehmergehälter deutlich übersteigen. Die Differenz kann der Auftraggeber, in diesem Fall genau genommen ja Arbeitgeber, zurückfordern.

Wie lässt sich Scheinselbständigkeit vermeiden?

Eine gute Basis ist es, einen Dienst- oder Werkvertrag abzuschließen. Dieser sollte mindestens Folgendes beinhalten:

  • Allein der Auftragnehmer (Freier Mitarbeiter) ist für die Abführung gesetzlicher Abgaben verantwortlich
  • Festlegung: Für welche Tätigkeit fällt welches Honorar an?
  • Der Auftragnehmer kann Aufträge ablehnen und Aufträge anderer Kunden annehmen
  • Der Auftragnehmer darf zur Erledigung der Aufgaben Hilfskräfte einsetzen
  • Der Auftragnehmer investiert nicht mehr als die Hälfte seiner Arbeitskapazität für diesen Auftrag (das unterbindet eine lange Zeit der Vollbeschäftigung im Unternehmen)

Es ist dringend zu vermeiden, dass der Anschein einer Eingliederung des Freiberuflers in den Betrieb erweckt werden kann. Also dürfen beispielsweise kein eigener Schreibtisch beim Auftraggeber und, keine Visitenkarten im Namen des Auftraggebers für den Auftragnehmer bereitgestellt werden. Werden Arbeitsmittel vom Auftragnehmer verwendet, muss dafür eine Nutzungsgebühr vereinbart werden.

Fazit:

Kriterien für ein Projekt und zu erreichende Ziele sollten mit diesen Gedanken im Hinterkopf genau reflektiert werden. Vielleicht ist ein Freelancer oder ein Interim Manager deswegen nicht für das Projekt geeignet. Können aber die Voraussetzungen erfüllt werden und es bedarf kurzfristiger Unterstützung, ist eine Anfrage an frei arbeitende Personen durchaus sinnvoll.



Natürlich ist das hier nur die Spitze des Eisberges: Für weitere Beratungen für alle Facetten rund um die Beschäftigung von Freelancerinnen und Freelancern stehen wir von der interim Group Dir gerne zur Seite! Vereinbare hier einen Termin mit uns.

Zu den Autoren: Patrice Eisert und David Langner



Quellen und Lesetipps

Quellen und weiterführende Links zu den Themen Freelancer, Interim Manager und Scheinselbständigkeit:

Portal zum Thema Scheinselbständigkeit

Feststellung der Scheinselbständigkeit – Eigentor für Unternehmer?

Argumente für und wider Freiberuflichkeit